Was ist eigentlich “Systemisches Konsensieren”?

Systemisches Konsensieren ist eine interessante Alternative zum Mehrheitsentscheid, die auch zu einem besseren Betriebsklima und mehr Effizienz in der Teamarbeit führt.

Wann haben Sie sich zuletzt darüber geärgert, dass sich die Gruppe für den Vorschlag des Kollegen ausgesprochen hat – obwohl Sie jede Menge guter Gründe und Argumente hatten? Sie sind in guter Gesellschaft! Diese Erfahrung machen Tausende von Menschen, die das Pech haben, mit ihren Entscheidungskriterien einer Gruppe anzugehören, die eben nicht das beste Abstimmungsergebnis erhält. 

Dabei sagt so ein Ergebnis häufig wenig aus. Zum Beispiel kann eine Abstimmung über drei Alternativen mit den Stimmanteilen 30% für A, 29% für B, 28% für C und 13% Enthaltungen dazu führen, dass die Alternative A mit nur 30% der Stimmen als Mehrheitsentscheidung gilt. Das bedeutet konkret, dass 70% der Stimmen mit ihren Bedenken, Bedürfnissen und Interessen keinen Raum erhalten. Ihre Ideen werden sozusagen als “durchgefallen” aussortiert.

Kein Wunder also, dass der Beschluss langfristig auf Widerstand stößt? Noch Jahre später weiß der Flurfunk ganz genau, wer wann mit welcher Entscheidung nicht einverstanden war!

Was ist die Alternative?

Der traditionelle Mehrheitsentscheid wird irrtümlich als Synonym der Demokratie verstanden. Er fokussiert sich ausschließlich auf die Frage, ob eine Idee eine relative Mehrheit hinter sich scharen kann.  Anders ist es im Systemischen Konsensieren. Hier stehen die Widerstände im Fokus, die eine Gruppe bei einem Vorschlag zum Ausdruck bringt.

Wie funktioniert so eine Entscheidung in der Praxis? Der klassische Ablauf

  1. Jedes Mitglied einer Gruppe kann einen Vorschlag einbringen, über den gemeinsam entschieden wird. Wenn der Vorschlag auf Widerstand trifft, fordert ein Moderator die Gruppenmitglieder auf, ihrerseits einen Vorschlag zu nennen, der ihren persönlichen Interessen entspricht.
    Auf diese Weise kann die Gruppe beliebig viele Vorschläge erzeugen, die dem Anliegen des ersten Vorschlags möglichst nahe kommen. Allerdings entsprechen sie in unterschiedlichem Maße den individuellen Interessen der einzelnen Gruppenmitglieder. Soweit die Vorbereitung.
  2. Nun geht es zur Abstimmung. Anders als bei der Mehrheitsentscheidung, werden die Teilnehmer beim Systemischen Konsensieren aufgefordert, jeden einzelnen Vorschlag individuell nach bestimmten Kriterien zu bewerten.
    Diese Kriterien sind:  Liegt der Vorschlag noch im Bereich der sogenannten O.K.-Zone oder erzeugt er Widerstände?. O.K. bedeutet, ich kann mit diesem Vorschlag leben, er erzeugt in mir keine Widerstände. Wenn das nicht so ist, also ein Vorschlag mehr oder minder stark außerhalb seiner O.K.-Zone (seines “grünen Bereichs”) befindet, bringt der Teilnehmer die Intensität seines Widerstands auf einer festgelegten Skala (z.B. 0 bis 10) zum Ausdruck. Diese Aussage treffen die Teilnehmer für jeden Vorschlag in der Abstimmung, ohne die Bewertungen für die unterschiedlichen Vorschläge in Beziehung zu setzen.
  3. And the winner is…? Die angegebenen Widerstandswerte für jeden Vorschlag werden addiert. Der Vorschlag mit dem geringsten Widerstandswert gilt als der Vorschlag mit dem größten Konsens in der Gruppe, also der höchsten Akzeptanz!

Auf jeden, der sich noch nie mit der Thematik beschäftigt hat, wirkt dieser Ablauf möglicherweise umständlich und langwierig. In den meisten Fällen ist dies nicht der Fall und die Abstimmung ist aufschlussreich für alle Beteiligten. Es ist hilfreich zu erfahren, aus welchen Gründen andere für oder gegen ein Vorgehen sind. Dieses Wissen kommt den Gruppenmitgliedern nicht nur im Rahmen der Abstimmung zugute, sondern auch beim zukünftigen Umgang mit Kollegen oder Teammitgliedern.

Jeder ist Teil der Lösungsfindung

Ein wichtiger Nebeneffekt des Systemischen Konsensierens ist die persönliche Erfahrung für jeden einzelnen Teilnehmer: “Ich kann mich und meine Bedenken einbringen und bin Teil der Lösungsfindung!” Es werden Ideen, Vorschläge und Lösungen generiert, die von einer wirklich breiten Basis entschieden und getragen werden.

Wollen Sie erfahren, wie Sie in Ihrem Unternehmen Systemisches Konsensieren für mehr Partizipation im Team und für ein besseres Betriebsklima einsetzen können? Sprechen Sie mich an!

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