Kann man Coaching verordnen?

Wer nimmt am sinnvollsten an einer Coaching-Maßnahme teil? Allein oder in der Gruppe? Und wer entscheidet überhaupt darüber? Fragen über Fragen.

Coaching ist eine Investition in Zeit, Geld und vor allem in den Menschen. Deshalb sollte man sich schon ein paar Gedanken machen, wer genau daran teilnimmt, wie lange und zu welchen Themen. Was gar nicht geht: Wenn Mitarbeiter vom Vorgesetzten zu einem Coaching „verdonnert“ werden. Das geht nach hinten los.

Kennen Sie auch eines dieser Wörterbücher „Frau-Mann“? Immer einen Lacher wert, trifft das Phänomen aber auch auf andere unterschiedlich tickende Personengruppen zu. Zum Beispiel Chef/Mitarbeiter. Auch hier schön zu beobachten, wie Menschen in teils unterschiedlichen Sprachen aneinander vorbeireden – ohne es zu merken.

In der Praxis passiert es leider gar nicht so selten, dass Vorgesetzte denken, ihre eigenen Konflikte mit widersprüchlichen Anforderungen lösen zu können, indem sie die Mitarbeiter zum Coaching schicken. Während der oder die Vorgesetzte sich eigentlich zu einer eigenen klaren Linie durchringen müsste, fokussiert er sich lieber auf das Verbesserungspotential des Mitarbeiters. Frei nach dem Motto „Soll doch der endlich meine Probleme lösen!“  Wäre schon praktisch, wenn man sich dann überhaupt keine Gedanken zum eigenen Verhalten machen müsste. Praktisch schon. Funktioniert halt nicht.

Schon allzu häufig musste ich erleben, dass bei solchen „per Überweisung“ zu mir geschickten Coachees, oft auch Mitarbeiter mit Führungsaufgaben, wie z.B. Teamleiter, sich sehr bald das eigentliche Problem zeigte: Nämlich fehlende Klarheit und grundlegende Informationen von oben für den Teamleiter.

Wenn er nicht weiß, welche konkreten Erwartungen an ihn gestellt werden, wird er sie bei seinen Aufgaben nicht erfüllen können.

Oft steht tatsächlich Aussage gegen Aussage: Da ist die Führungskraft sich sicher, sie habe sich klar ausgedrückt, aber beim Teamleiter ist es nicht angekommen. Er hat es eben anders verstanden – oder gar nicht.

Ein Coaching des Teamleiters ist hier nicht zielführend. Ein Coaching des Vorgesetzten allein aber auch nicht. Was ist die Lösung?

In diesem Fall hilft eine gute Prise Aufrichtigkeit. Hier kommt dieser abstrakt klingende Begriff „Gewaltfreie Kommunikation“ ins Spiel. Aus der GFK kennen wir die Unterscheidung von Bedürfnissen und Strategien.

In Gegenwart des Teamleiters fokussiere ich meine Fragen an seinen Vorgesetzten auf dessen Beweggründe (bzw. Bedürfnisse oder Strategien):

Was genau versuchst Du zu erreichen, wenn Du ein bestimmtes Ergebnis einforderst? Geht es bei der Anforderung von wöchentlichen Projekt-Berichten um Transparenz? Oder geht es dir um Sicherheit bei der Einhaltung von Terminen? Oder möchtest du dadurch die ausschließliche Fokussierung der Mitarbeiter auf Projektziele sicherstellen? Der Vorgesetzte ist sich häufig gar nicht bewusst, dass die Antwort für seinen Mitarbeiter relevant ist.

Ist sie aber: Mit diesem Hintergrundwissen fällt es dem Teamleiter leichter, den Zweck der wöchentlichen Updates erfüllen. Wer die Frage versteht, gibt die richtigen Antworten. Sein vorhergehender Wiederstand gegenüber eines vermeintlichen Kontroll-Freaks löst sich in Luft auf. Er kann den Vorgesetzten verstehen und weiß, dass dieser nicht an seinen Kompetenzen zweifelt. Vertrauen wiederhergestellt.

Kennen Sie ähnliche Situationen? In welcher Rolle waren Sie schon und wie haben Sie das erlebt?

Ich freu mich über jedes Feedback, denn das Thema liegt mir sehr am Herzen und jede Erfahrung hilft mir weiter.

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