Führen im Zeichen der Komplexität

Das traditionelle Führungskräfte-Bild kommt ins Wanken. Endlich – möchte man meinen. In der Realität finden das bei weitem nicht alle erfreulich. Nicht nur Führungskräfte, sondern sogar Mitarbeiter. Warum ist das so?

Früher war alles einfach. Der Chef sagte, wo es lang geht, was richtig ist und was falsch ist. Was wir im Gegenzug erwarteten: Er hatte richtige Entscheidungen zu treffen, keine falschen. Und zwar immer, unter allen Umständen. Sogar wenn er – wie alle anderen – es gar nicht wirklich wissen KONNTE. Dafür war er/sie ja Chef/in. Wer es nicht beurteilen konnte, galt als schwach und war einfach keine gute Führungskraft. Warum? Darum.

Der Glaube an den allwissend kompetenten Chef ist schon in “normalen” Zeiten unter Druck geraten, in Situationen wie der gegenwärtigen Krise führt er ins Chaos. Die globale Herausforderung der Pandemie führt uns drastisch vor Augen, dass einzelne Personen nicht über alles Wissen verfügen können – und das auch gar nicht notwendig ist. Dies zu akzeptieren ist aufgrund langer Traditionen schwierig. Wir werden es aber lernen müssen – ganz Virus-unabhängig. Vorgesetzte müssen lernen, Verantwortung abzugeben und Mitarbeiter müssen einen Weg finden, Verantwortung zu übernehmen. Denn ohne die Verteilung von Verantwortung auf alle Beteiligten, wird es nicht funktionieren.  

Vertrauen in gemeinsame Entscheidungen

Die immer deutlicher hervortretende Komplexität unserer Welt fordert (auch ohne Krise) die Veränderung der Rolle “Führungskraft” – und erste Spuren der Veränderung sind bereits erkennbar. Führung und Mitarbeiter müssen einander vertrauen: Nur im wertschätzenden Miteinander können Entscheidungen getroffen werden, die Erfahrungen, Ideen, Bedenken und Wissen aller Teilhabenden berücksichtigen. Und zwar ohne dabei das Ziel und eine gute Lösung aus den Augen zu verlieren. In Situationen, in denen konkretes Wissen fehlt, müssen sich alle Beteiligten darauf verständigen, welche Wege ausprobiert und wie Erfahrungen gesammelt werden sollen. Gemeinsames Ansinnen: Auf dieser Reise zu lernen und das gewünschte Ziel so schnell wie möglich zu erreichen.
Was sich dabei nicht vermeiden lässt: Möglicherweise nervt es den einen oder anderen, wenn der Chef auf einmal von Zielen und Visionen spricht. Auch die stete Aufforderung, sich kreativ einzubringen, kann belasten. Das ist in jedem Fall anstrengender, als die Entscheidung dem Vorgesetzten zu überlassen und sich im Zweifel darüber aufzuregen.

Wie kürzlich in meinem Blog “Corona und die Agilität” beleuchtet, werden bei diesem gemeinsamen Vorgehen auch mal Entscheidungen getroffen, die sich im Nachhinein als weniger zielführend erweisen. Das lässt sich nicht vermeiden, dient aber auf jedem Fall dem gemeinsamen Lernen. 

Emergent Practice im Unternehmensalltag

Wenn wir einer komplexen Herausforderung begegnen, dann bleibt uns der Weg der „Emergent Practice” oder auf Deutsch: “probieren und lernen”. Der Begriff stammt aus dem Cynefin-Framework von Dave Snowden und bedeutet nichts anderes als: In regelmäßigen Abständen ziehen wir Schlüsse aus unseren Beobachtungen und Erfahrungen, die wir seit den letzten Entscheidungen gemacht haben. Was war hilfreich? Was war weniger hilfreich? Wir überlegen neu und dann entscheiden wir neu, immer mit dem Blick auf den nächsten Zeitpunkt, an dem wir das ganze wiederholen. 

Schlechte Karten für Machos und einsame Entscheider?

Auch von denen gibt es solche und solche. Häufig tritt er (und auch sie) in der Riege der  “Alles-könnenden Alpha-Chefs” in Erscheinung. Und genau der muss sich wandeln, um die Anforderungen einer modernen Führungskraft erfüllen zu können. Dazu muss er lernen, Aufmerksamkeit für seine Leute zu entwickeln. Oft ist das nicht seine Stärke. Zuhören ist das Gebot der Stunde – und Empathie. Ein erfolgreicher Unternehmer sollte eine gute Führungskraft sein und als solche auf die Kultur seines Unternehmens achten.

Fühlen sich die Mitarbeiter wohl dabei, mutige Vorschläge zu machen? Welche Sicherheiten bietet der Raum, in dem sie diese vorbringen können? Wird dieser Mut auch dann noch gewürdigt, wenn der der mutig formulierte Vorschlag scheitert? Oder traut sich dieser Mitarbeiter fortan nicht mehr aus der Deckung? Verliert der Chef sein Gesicht, wenn sein Team sich für den Vorschlag vom Pförtner entscheidet und damit Erfolg hat?  

Wollen Sie sich mit ihrem Führungsstil auseinandersetzen? Oder mit der Führungskultur in Ihrem Unternehmen? Buchen Sie gleich einen unverbindlichen Termin und ich stehe gerne mit kritischen Fragen ihrer Reflexion zur Seite! Ich freue mich auf die Auseinandersetzung mit Ihrer Situation!

Teilen Sie diesen Beitrag: