Aus der Praxis: Systemisches Konsensieren zwischen Gesellschaftern – Wie aus Unzufriedenheit Zukunftspläne wurden

Streit in den besten Familien und Unstimmigkeiten zwischen Gesellschaftern – das kommt vor. Im Falle von letzterem durfte ich einer Beratungsgesellschaft dabei helfen, einen einvernehmlichen Weg in die Zukunft zu finden. Die Methode Systemisches Konsensieren (SK) spielte dabei eine große Rolle.

In dem konkreten Fall ging es um eine Beratungsgesellschaft, deren Gründer bereits vor Jahren seine Anteile verkauft und sich in den Ruhestand verabschiedet hatte. Andere Gesellschafter waren im Laufe der Jahre gekommen und gegangen. Schließlich wurden die Geschicke der Firma von einem Kreis von Gesellschaftern bestehend aus vier altgedienten Beratern sowie der Leitung des Backoffice gesteuert.

5 vor 12 – höchste Zeit für eine Kursänderung

Die Zukunftsplanung wurde zunehmend kritischer, denn auch der jüngste Gesellschafter hatte die 50 überschritten. Der Älteste plante bereits konkret, sein Engagement im Unternehmen in den kommenden 5 Jahren zu reduzieren, um in der Folge komplett auszusteigen.

Da die beratenden Gesellschafter nahezu 100% des Umsatzes der Gesellschaft verantworteten, würde mit dem allmählichen Ausscheiden der Leistungserbringer die Zukunft des Unternehmens auf mehr als wackligen Beinen stehen.

Viele offene Fragen – einer zieht die Reißleine

Jeder der beratenden Gesellschafter machte in der Vergangenheit seinen Umsatz mit Kunden in einem bestimmten Segment. Querverbindungen zu den Aktivitäten und Kunden der anderen gab es kaum. Der jüngste Gesellschafter sorgte sich daher um die Zukunft der Gesellschaft, wenn einer nach dem anderen das Schiff verlässt. Fragen gab es viele:
Bleibt er am Ende alleine übrig? Wie wird die Gesellschaft morgen oder übermorgen aussehen? Wäre es sinnvoll, rechtzeitig neue Gesellschafter zu suchen? Wie können die Kunden an die Nachfolger übergeben werden und die Gesellschafter einen gleitenden Übergang in den Ruhestand vollziehen?

Klarer Fall für einen Moderator

Im Laufe der Jahrzehnte war das Thema Kommunikation zwischen Gesellschaftern fast eingeschlafen. Deshalb stellte sich anfangs die Frage, ob dieser Kreis überhaupt noch fähig war, an einer gemeinsamen Lösung zu arbeiten. Aufgrund fehlender Transparenz bei internen Abläufen, waren über die Jahre Zweifel aufgekommen, ob getroffene Vereinbarungen überhaupt von allen eingehalten wurden.

Diese Frage zu klären, war meine erste Aufgabe. Ich wählte dafür Einzelgespräche mit allen Gesellschaftern. Es war wichtig, die individuellen Erwartungen an einen gemeinsamen Workshop zu identifizieren. 

Aus dem Gesamtergebnis ließen sich dann die einzelnen Agenda-Punkte und natürlich die Workshop-Ziele definieren.

Erarbeiten akzeptierter Lösungen durch Systemisches Konsensieren 

Danach stellte sich die Frage: Wie lässt sich verhindern, dass Meinungsführer per Mehrheitsbeschluss ihre Themen im Workshop durchsetzen? Dies erzeugt sofort Frustration und Widerstand bei den anderen – ein gutes Workshop-Ergebnis rückt in weite Ferne.

Deshalb entschied ich mich bei diesem Workshop für die Methode “Systemisches Konsensieren” (SK), wo es anders läuft: Die Frage hier lautet, “Wer hat etwas gegen dieses Vorgehen?” , gefolgt von “Wie müsste man dieses Vorgehen anpassen, damit der Widerstand abnimmt?” “Welche Option ist dem Konsens am nächsten?”

Jedem Einwand wurde der erforderliche Raum eingeräumt und erfragt, mit welcher Lösung der Einwand ausgeräumt werden könnte. Dadurch machte jeder Teilnehmer (auch die ruhigen Typen) die Erfahrung, dass er gehört und er selbst und sein Einwand ernst genommen wird.

Vorsichtiges Herantasten

Mit genau dieser Erfahrung wuchs das Vertrauen in die Methode und die Strecken zwischen Einwand und Lösungsvorschlag wurden im Laufe des Workshops immer kürzer. Die anfängliche Sorge, das Treffen würde mit einem Streit enden, löste sich bereits nach den ersten Stunden der Zusammenarbeit in Luft auf.

SK bot hier aber noch einen weiteren Vorteil: Die Liste möglicher Lösungsvorschläge wurde immer länger, denn während des Erarbeitungsprozesses konnten nach und nach wichtige Aspekte einer guten Lösung in die bestehenden Vorschläge integriert werden.

Aus Misstrauen wird Zuversicht

Darauf hätte keiner gewettet: Die anfängliche Stimmung, geprägt von Zweifel, Misstrauen und der Sorge wegen Abbruch bzw. Eskalation oder Verweigerung wandelte sich schon am Ende des ersten Tages in Fröhlichkeit, Gelächter und Zuversicht. Wie eine Teilnehmerin sagte: “Das war in all den Jahren wahrscheinlich das erste Mal, dass wir uns mit solcher Offenheit austauschen und gegenseitig mit unseren Erwartungen und Bedürfnissen sehen konnten!”  

Ziel erreicht

Am Ende des zweiten Tages hatten die Teilnehmer es geschafft. Auf dem Flipchart stand ein Katalog von Vereinbarungen und Maßnahmen, hinter dem alle Beteiligten standen:
Die Gesellschaft wird weiterentwickelt. Es liegen vereinbarte Kriterien für die Suche und Aufnahme neuer Gesellschafter vor. Kandidaten sind identifiziert und die Kommunikation festgelegt.

Neugierig geworden?

Lesen Sie auch meinen Beitrag zum Thema Systemisches Konsensieren als Teambuilding-Methode. Oder sprechen Sie mich an und wir diskutieren Ihre konkreten Anforderungen! Ich beteilige mich gerne an Ihrem Weg zu Ihrer Lösung – im Zweifel durch konstruktive Fragen! Vereinbaren Sie jetzt gleich einen Termin!

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